ak|weblog

Freitag, 11. Mai 2007

37signals’ „Getting Real“ in der Schule

Auf Rete-Mirabile.net, meiner Ideen- und Materialsammlung rund ums Thema Schule, habe ich eine Artikelserie gestartet, in der ich Konzepte aus dem Buch Getting Real von 37signals auf die Schule anwende. Bisher sind drei Beiträge erschienen. In den nächsten Wochen werden immer freitags neue Aspekte dazu kommen.

Ich habe Rete-Mirabile.net in den letzten Wochen etwas verändert und die Struktur etwas „blog-ähnlicher“ gemacht. In Zukunft werden daher nicht mehr nur Materialien und Links dort erscheinen, sondern auch Artikel, die zur Diskussion in Form von Kommentaren anregen sollen.

Über reges Interesse (und bei Gefallen natürlich auch über etwas Resonanz) würde ich mich natürlich freuen.

Gettin Real in der Schule

Donnerstag, 12. April 2007

Wie sollten Computer in der Schule genutzt werden?

Richard Heinen, der Chefredakteur von Lehrer Online, hat meinen Beitrag zur Notebooknutzung an einer amerikanischen Schule in seinem Weblog aufgegriffen. Aus dem Trackback ist ein interessanter Austausch darüber entstanden, wie man Computer in der Schule sinnvoll einsetzen könnte.

Da es zu diesem Thema unsrerer Meinung nach noch Diskussionsbedarf gibt, möchten wir den Austausch in die Weböffentlichkeit verlegen in der Hoffnung, dass sie auch für andere interessant ist. Ideen, Widerspruch und Anregungen sind sehr willkommen!

Im folgenden stammen die eingerückten Zitate von Richard Heinen, der übrige Text von mir.

Ich will nicht sagen, dass ich unbedingt in jeder Klasse Notebooks haben will. Aber ich glaube schon, dass sich der Nutzen von Computern im Unterricht vor allem dann bemerkbar macht, wenn ich ihn dann hernehmen kann, wenn ich ihn
haben will.

Das macht Sinn. Auch für mich ist oft das Problem, bei der Planung nicht sicher zu sein, ob in der betreffenden Stunde der Computerraum frei ist oder nicht. Ich kann mich natürlich auch oft nicht darauf verlassen, dass alle Schüler problemlos Zugang zu einem Computer oder dem Internet haben. Diese Probleme wären in einer Notebookklasse natürlich nicht vorhanden.

Von daher halte ich es schon für sinnvoll, alle Schüler einer Klasse mit einem eigenen Notebook auszustatten.

Wenn das Konzept dahinter stimmt.

Der Nachsatz zum stimmigen Konzept ist für mich entscheidend. Ich bin selbst sehr enthusiastisch im Ausprobieren und Einsetzen von Computertechnologien, allerdings sehe ich auch, dass die Gesellschaft (und leider auch viele meiner Kollegen) zunehmend davon ausgehen, dass der Computer grundlegende Fertigkeiten überflüssig mache. In einer Diskussion fiel neulich ernsthaft der Satz, dass Rechtschreibkenntnisse in den Zeiten der Rechtschreibprüfung doch eigentlich nicht mehr so wichtig seien.

Ich neige daher momentan dazu, lieber etwas zu konservativ als zu progressiv zu sein. Im Zweifelsfall ist wohl guter Unterricht auch mit Buch, Heft und Tafel möglich, solange die Schüler grundlegende Fertigkeiten lernen. Der Computer wäre sicher oft eine zusätzliche Hilfe, aber ohne ein sicheres Fundament von grundlegenden Fertigkeiten (lesen, handschriftlich korrekt schreiben, Umgang mit gedruckten Texten etc.) ist er nur ein teures Spielzeug (siehe mein Blogbeitrag zu besagter Amerikanischer Schule).

Möglichkeiten des Computereinsatzes ohne Notebookklassen

Im Alltag setze ich das sogenannte Learning Management System Moodle und Basecamp ergänzend zum Unterricht ein. Im Englischunterricht stelle ich so z.B. Links zu passenden Online-Übungen oder auch selbst erstellte Hot Potatoes Übungen zur Verfügung. Hin und wieder gibt es Stunden, in denen ein Beitrag in dieser von mir „Online-Klassenzimmer“ genannten Plattform der Ausgangspunkt für einen Rechercheauftrag mit anschließender Auswertung am Computer ist.

Ideen habe ich dazu einige. Allerdings bin ich immer noch im Stadium des Ausprobierens. Das ist an sich nicht weiter schlimm, doch bei der Aufmerksamkeit, die der Computereinsatz in der Schule seitens der Medien und der Politik bekommt, würde ich mir wünschen, es gäbe bereits mehr fundierte didaktische Ideen dazu. Oder gibt es die und ich kenne sie nicht? Eine kurze Suche bei amazon.de zu ‚Internet im Unterricht‘ bringt einige Titel zutage. Manche davon hatte ich auch schon in der Hand, allerdings konzentrieren sich die meisten auf den ersten Kontakt von Lehrern mit dem Internet (Basiswissen) bzw. auf praktische Beispiele.

Eine „Didaktik der neuen Medien“ fehlt meines Erachtens noch. Die Bücher, die ich kenne, thematisieren mehr den Aspekt der Umsetzung und weniger den didaktischen Mehrwert, der sich erzielen lässt. Der wird oft fraglos vorausgesetzt.

Ich hoffe, wir machen das auf Lehrer-Online.de besser. Auch da gab es Zeiten, vor 3-4 Jahren, da hatten wir viele Autoren, die – wie ich sie nenne – Schrauber waren. Aus einer technischen Begeisterung wurden oft Medien eingesetzt – das waren oft auch sehr gute Einheiten, die da entstanden. Heute aber haben wir oft Lehrer, die aus didaktischen Überlegungen zum Computer gefunden haben.

Ich denke, dass viele Kollegen tragfähige didaktische Konzepte zum Computereinsatz in der Praxis entwickeln. Das ist ja grundsätzlich auch ein valider Ansatz (ich habe zu viele theorielastige und unbrauchbare Didaktikbücher lesen müssen, als dass ich zuerst nach einer Theorie schreien würde). Allerdings bietet eine fundierte Zusammen- und Gegenüberstellung der Konzepte eben doch eine Richtschnur.

Gibt es hierzu Ideen? Veröffentlichungen? Konzepte aus der Praxis? Wenn hier jemand mitliest, der dazu etwas beizutragen hat, würden wir uns sehr freuen!

Freitag, 23. März 2007

Oh Fortschritt - wie bist du wunderbar

Das nennt man wohl andernorts blinde Fortschriftsgläubigkeit.

Eine Schule in den USA gibt ihren Schülern keine Bücher mehr, sondern MacBooks.

The Alexandria high school is going bookless.
Students won’t be carrying around textbooks and paper notebooks, but instead will have a laptop computer as part of the parish’s first Digital Academy.

Digital Academy klingt natürlich super — da kann der Schulleiter Mr. Higgins gar nicht anders, als begeistert zu sein:

This is on the cutting edge, not only for our parish but also the state [...] This is the wave of the future.

Stimmt, das Neueste zu haben und auf der „Welle der Zukunft“ zu reiten, war schon immer ein Garant für gute Bildung. Aber noch besser wird die Bildung, wenn man das Curriculum in Technologie eintaucht (und das hat der wiklich gesagt):

We are immersing the curriculum in technology.

Ein 15-jähriger Experte fügt bedeutungsschwer hinzu, dass die Benutzung eines Computers viel einfacher sei als die Benutzung von Büchern — das hätte ich an seiner Stelle wohl auch gesagt, wenn mir meine Schule in Aussicht stellt, umsonst ein MacBook zu bekommen, das ich auch noch mit nach Hause nehmen darf.

Dass dieser Satz ganz offensichtlich bescheuert und lächerlich ist, stört wohl den Verfasser des Artikels nicht weiter.

Das Ganze scheint ein wohldurchdachtes Konzept zu sein, zumindest auf der Hardware-Seite: Wireless Zugang auf dem ganzen Schulgelände, eine Schulwerkstatt für kaputte Rechner und da (dank Fördergeldern) insgesamt 160 (!) Laptops angeschafft wurden, kann ein Schüler seinen kaputten Rechner gleich gegen ein Ersatzmodell eintauschen, sollte das mal nötig sein.

Für die pädagogischen Planung ist ja noch ein bisschen Zeit — man hat sich wohl schon den ein oder anderen Gedanken gemacht:

The online curriculum is in the planning stages.

Aber wenn die Rechner erst mal in Betrieb sind (wenn man dem Foto trauen darf, so ist das schon der Fall), ergibt sich das Curriculum ja quasi von alleine. Und überhaupt: wer braucht das bei freiem Internetzugang und so tollen Laptops denn noch? Die Schüler werden im Unterricht ohnehin nicht mehr aufmerksam sein.

Dennoch: alle pilgern in die neue Schule, um sich Ideen zu holen, wie die Digital Academy aussehen könnte, denn die Schule wurde ganz im Sinne von Technologie gebaut:

School and district officials are visiting Empire High School in Tucson, Ariz., this summer for ideas and assistance in getting the Digital Academy started. Higgins said the Arizona school was built with technology in mind.

Noch mal zum Mitschreiben: die Laptops sind schon in Betrieb, die Planung des entsprechenden Curriculums hat begonnen und man tauscht sich über Ideen aus, wie die Digital Academy aussehen und funktionieren könnte. Das nenne ich gut durchdacht.

Übrigens bekommen auch die Lehrer jeweils einen Rechner mit allem Schnickschnack, was ihnen natürlich unendlich viele Türen öffnen wird, wie der Schulleiter meint:

This will open so many doors for our teachers.

Die Schule wird nach diesem Deal wohl kein Geld mehr für Reagenzgläser oder andere Laborausrüstung haben und ich nehme an, dass die Schulbibliothek auch erst mal stiefmütterlich behandelt wird. Aber wer Experimente digital simulieren und jederzeit auf Wikipedia zugreifen kann, braucht das ja auch nicht mehr wirklich. Überhaupt diese Bücher — die sind ja ohnehin so kompliziert zu benutzen.

Halleluja! Auf in das Gesegnete Zeitalter.